Um kleinere Informationen wie Zustände oder Zahlen (z.B. Temperaturen) über weite Strecken zu übermitteln, brauchte es bisher meistens Technologien wie den Mobilfunk. Kleine Mikrocontroller konnten mit einer SIM-Karte bestückt werden, wodurch dann diese Informationen mittels SMS oder Mobile Daten in das Internet gelangen. Diese Lösungen sind bereits durch die Hardware, aber vor allem durch die laufenden Gebühren sehr kostspielig und lohnt sich dabei nur selten.
Möchten wir z.B. alle öffentlichen Mülltonnen mit einem Sensor ausstatten, der den Stadtbetrieben meldet, wenn diese nahezu voll sind, würde durch jede dieser Mülltonnen monatliche Gebühren anfallen, wodurch es günstiger wäre, weiterhin alle Mülltonnen wöchentlich zu leeren, anstelle von bedarfsorientiertem Entleeren.
Nun gibt es verschiedene Funktechnologien, mit denen ein eigenständiges Netzwerk aufgebaut werden kann. So könnten wir z.B. versuchen ein stadtweites WLAN aufzubauen, um dann die Mülltonnen aus dem anderen Beispiel mittels WLAN statt Mobilfunk anzubinden, wodurch nur noch Kosten der Wartung für das WLAN Netzwerk anfallen würden. Allerdings kennen wir alle die Reichweite von WLAN. Nach einer, spätestens der zweiten Mauer ist Schluss. Entsprechen bräuchten wir sehr viele Hotspots in der Stadt, um ein wirklich flächendeckendes Netzwerk zu erreichen.

Und hier kommt LoRa (Long Range) in's Spiel!

Bereits 2017 haben wir die ersten Gehversuche unternommen :)
Ein Single-Channel-Gateway mit einer selbstgebauten Ground Plane Antenne an die Dachrinne geklemmt & einen Arduino Pro Mini mit einem RFM95W Modul zum Senden der LoRa Signale verbunden. Es klappt, nice!

Entsprechend wurde auf dem Hausdach & dem Dach der Hochschule vollwertige Empfangsstationen (Gateways) aufgebaut:

Durch eine spezielle Signalmodulation (Chirp Spread Spectrum) können vereinfacht gesagt auch sehr leiste Signale noch erkannt und gehört werden. Wo ein Signal bei z.B. WLAN schon nach nur wenig Entfernung immer leiser wird und entsprechend zwischen allen anderen Funksignalen untergeht und dadurch nicht mehr "gesehen" werden kann, hebt sich die CSS-Modulation bei LoRa deutlich von anderen Signalen ab und kann dementsprechend auch noch sehr leise Signale dekodieren. Das hat zur Folge, dass durch diese Modulation Reichweiten von vielen Kilometern erreicht werden können. Die Reichweite hängt dabei stark von der Sichtverbindung, bzw. hohen Standorten ab. Der aktuelle Weltrekord hat eine Reichweite von über 1.300 km erzielen können. Das Verrückte dabei ist, dass zum Senden eines solchen Signals kaum Energie gebraucht wird und eine Standard AA-Batterie dazu mehr als ausreicht und eine Laufzeit von mehreren Jahren betragen kann.

Schnell wurden PCBs für LoRa-Projekte (Nodes) entworfen:

Stromversorgung über Li-Ionen Akku 4,2 V (z.B. 18650)
Stromversorgung mittels Batterien bis 0,3 - 3,2 V (z.B. AA)
Stromversorgung bis zu 60 V

So können verschiedene Platinen genutzt werden, um in unterschiedlichen Umgebungen eingesetzt werden zu können. PCB #1 war ein Prototyp und eines meiner ersten PCB-Designs und ist inzwischen veraltet.
Die Version bis 3,2 V eignet sich für den stationären Einsatz mit sehr langer Batterielaufzeit. So können zwei AA LongLife Batterien zum Messen von z.B. Lufttemperaturen bei stündlicher Messung bis zu 10 Jahre halten.
Die Version bis 60 V ist zum Festeinbau in Pedelecs und anderen (elektro)Fahrzeugen gedacht, da hier die Lithiumakkus 60 V i.d.R. nicht überschreiten. So kann z.B. das eigene Fahrrad getrackt werden.

Links im Bild ist der erste Prototyp zu sehen mit einer 18650 Li-Ionen Batterie. Im mittleren Bild ist ein ESP32 mit LoRa als PAX-Counter in einem 3D gedruckten Gehäuse und rechts im Bild ist die Version mit AA-Batterie und einem Bodenfeuchtesensor der eine Nachricht sendet, wenn die Pflanze gegossen werden sollte.

In der weiteren Nutzung von LoRa stoß ich auf das TTN (The Things Network), ein LoRaWAN (Long Range Wide Area Network).
Ein LoRaWAN ergänzt die Funkmodulation von LoRa um die Netzwerkschicht zum Verbinden mehrerer Gateways zu einem Netzwerk (WAN).

Beim Verbauen von verschiedenen Nodes (Mikrocontroller mit LoRa Schnittstelle) an unterschiedlichsten Orten, beschäftigt einen immer die Frage nach dem Empfang. Wo wird wohl Empfang sein? Und wieso dann dort und eine Straße weiter nicht mehr. Um all diese Fragen zu beantworten, beschäftigte sich Mario aus dem Team der Halle1 in seiner Abschlussarbeit mit dieser Fragestellung.

Analyse und Visualisierung von Einflussfaktoren auf LoRa Signal Qualität und Reichweite

Abstract

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Reichweite, der Verbindungsqualität und der Zuverlässigkeit einer LoRa-Verbindung. LoRa steht für „Long Range“ und bezeich-net dabei eine Funkmodulation wodurch trotz geringer Sendeleistung und ohne Richtfunk verhältnismäßig hohe Reichweiten von etwa 5 km oder mehr entstehen können, was allerdings zu Lasten der Übertragungsrate geht. Das Protokoll kommt vor allem bei LoRaWANs zum Einsatz, was in Form eines freien Netzwerkes von Bürgern für Bürgern als auch in Form einer kommerziellen Dienstleistung wie durch die Niederländische Firme KPN bereitgestellt werden kann. Dadurch, dass kein Provider die Infrastruktur bereitstellt und diese von Unternehmen oder Privat-leuten gestellt wird, sind die Möglichkeiten der Aufstellorte von Antennen beschränkt. Firmen platzieren ihre Antenne häufig auf den Dächern ihrer Immobi-lien, wohingegen Privatpersonen diese Möglichkeit i.d.R. nicht besitzen und dadurch auch Antennen im inneren von Gebäuden platziert werden. Weil ein LoRa-Signal häufig mehrere Kilometer weit reicht, ist es nicht nötig, dass jeder Privatan-wender die Infrastruktur selbst aufbaut, sondern kann die bereits vorhandenen Gateways (Verbindung von LoRaWAN in das Internet) seiner oder ihrer Nachbarn oder der Firma ein paar Straßen weiter mitnutzen. Um jedoch bereits vorab den Netzzugang der eigenen Wohnung oder des Gartens abschätzen zu können, bedarf es einer Plattform die darüber Auskunft schafft. Auch mit mathematischen Model-len, die einer umfangreichen Datenbasis mit aufwendiger Erhebung bedürfen, lässt sich die funktechnische Abdeckung gerade im urbanen Raum nur unzu-reichend berechnen. Des Weiteren ist häufig wenig bekannt, wodurch eine Verbindung besser oder schlechter wird. Die Wichtigkeit von Antennenqualität, Programmierung und der generellen Funktionsweise von Signaldämpfung ist nicht jedem Anwender eines LoRaWANs bekannt, wodurch dieser keinen Ansatz findet, die Verbindungsqualität zum nächsten Gateway zu optimieren.

Die gängigste Anwendung von LoRaWANs stellt das IoT, also im Wesentlichen das Auslesen von Sensordaten dar. So können zum Beispiel Lärmpegelsensoren in der gesamten Stadt verteilt werden, oder auch nur die Wassertemperatur des eigenen Teiches im Garten gemessen werden. Weitere Anwendungen wären das Messen der Füllstände öffentlicher Mülltonnen, oder dem Tracking von E-Scootern oder Pedelecs.

In dieser Arbeit wurden verwandte Arbeiten mit ähnlicher Fragestellung analysiert und zusammengefasst. Es wurde die vergleichbarste Arbeit (TTNMapper) ausführ-lich bewertet und daraus ein Konzept entwickelt, welches das Erheben von Messdaten vereinfachen sollte. Letztendlich entstand ein System zum Erheben, Be-werten und Veröffentlichen von Messdaten. Durch die Visualisierung entstand ein Gefühl für die Reichweite eines Gateways und die Qualität einer Verbindung.

Ergebnisse

Messergebnisse in Voerde

Schön ist zu erkennen, wo ich Empfang hatte und wo nicht. Die Farben geben Aufschlüsse über die Signalstärke. An schwarzen Punkten wurde durch die Node zwar gesendet, jedoch von keinem Gateway etwas empfangen.

Legen wir nun eine Vorhersage, die auf die Sichtverbindung basiert, unter unsere Messergebnisse bekommen wir einen guten Eindruck über die Vorhersagbarkeit:

Türkis ist die Vorhersage wo Empfang bestehen sollte, bunt sind empfangene Pakete

Fazit

In dieser Arbeit wurde der aktuelle Stand der Wissenschaft bzgl. der Empfangsqua-lität und -abdeckung eines LoRaWAN analysiert. Dabei wurde in zwei Arten unterschieden. Zum einen die Arbeiten mit einem „Real-World-Test“-Verfahren und zum anderen die Arbeiten mit mathematischen Berechnungen und/oder Mes-sungen in einem Labor. Durch die diversen Tests in der „echten Welt“ stellte sich wie erwartet heraus, dass der Funkempfang vor allem an Land stärker gestört wird als auf dem Meer. Gemessen wurde die Empfangsqualität in den meisten Fällen mithilfe des RSSI, als auch dem PRR, um eine Empfangswahrscheinlichkeit ange-ben zu können. Es wurde herausgefunden, dass das Wetter und die Payload-Länge kaum einen Einfluss auf den PRR oder der Signalstärke besitzen. Zusätzlich wurden Tests in Innenräumen durchgeführt, was zeigte, dass sowohl die Industrie große Gebäude als auch Einrichtungen wie eine Universität, LoRaWAN nutzen können um Sensordaten mit einer hohen Zuverlässigkeit auch im Innenraum zu empfan-gen.

Durch Tests im Labor und entsprechenden Berechnungen wurde erkannt, dass Stö-rungen auf gleicher Frequenz nur dann ein Problem darstellen, sollte die Störsignalstärke gleich stark oder stärker als die Sendersignalstärke sein. Zusätz-lich stellte sich heraus, dass SF11 eine höhere Reichweite und Zuverlässigkeit als SF12 hat und SF8 eine gute Kombination aus Durchsatz und Reichweite verspricht. Des Weiteren wurde der Einfluss des Dopplereffektes ab einer Geschwindigkeit von über 40 km/h bei SF12 nachgewiesen.

Schließlich wurde versucht eine Vorhersage basierend auf Modellen zu treffen. Der vielversprechendste Ansatz basierte dabei auf multispektralen Kartenmaterial und dem Einfluss der Fresnelzone in Kombination zur Freiraumdämpfung und dem Klassifizieren von Gebäuden und Wäldern und dem Einbeziehen der Dämpfung diverser Materialien im Link Budget. Es stellte sich heraus, dass vor allem die Fres-nelzone entscheidend ist. Wird diese über 40% gestört, so ist die Verbindung deutlich schlechter oder bereits abgebrochen. Der Unterschied der Antennenhöhe ist dabei maßgeblich. Wird eine Node auf Bodenhöhe montiert und als Vergleich eine um 1m höhere Node genutzt, so ist steigt die Zuverlässigkeit um den Faktor 4 an.

Zusätzlich wurde eine Vorhersage basierend auf dem Terrain getroffen. Gegeben wird die Gatewayposition und -höhe, um die Line-of-Sight Verbindungen zu er-rechnen. Es entsteht eine Karte mit markierten Bereichen, welche von der gegebenen Position eine Sichtverbindung besitzen sollen. Es wird davon ausge-gangen, dass alle Bereiche mit einer Sichtverbindung auch eine Verbindung zum Gateway besitzen. Diese Annahme wurde am Ende der Arbeit überprüft und mit Einschränkungen bestätigt.

Die verwandteste Arbeit stellt der TTNMapper dar. Dieser versucht durch Messun-gen auf der ganzen Welt die Empfangbarkeit eines einzelnen Gateways zu bestimmen. Dabei kann jeder Benutzer Daten erheben und veröffentlichen. Das System kontrolliert dabei lediglich die Positionsgenauigkeit. Eine Plausibilitätsprü-fung findet nicht statt. Des Weiteren bildet diese Arbeit ausschließlich positive Messpositionen ab. Sprich Positionen die einen Empfang aufwiesen. Dabei ist das Verhältnis zwischen gesendeten und empfangen Paketen irrelevant. Folglich bildet diese Arbeit immer den besten Fall ab.

Im Anschluss zur Erhebung der bereits bekannten Erkenntnisse wurde ein Konzept entworfen, um das Messen von Daten zu vereinfachen, als auch den Datensatz um die nicht empfangen Pakete zu erweitern. Dazu wurde eine Hardware entworfen, welche die nötigen Eigenschaften und Sensoren besitzt, um diese Messungen durchführen zu können. Es wurde ein Speichermedium angebunden, um die Auf-zeichnungen der Node mit den erhobenen Daten seitens des Servers zu kombinieren. Dadurch entstanden Boolesche Aussagen wodurch ein Verhältnis in Form des PRR angegeben werden kann.

Zusätzlich wurde eine Serverstruktur geschaffen um die erhobenen Daten zum ei-nen jederzeit empfangen und abspeichern zu können, als auch um die Daten zu visualisieren. Dazu wurden diverse Schnittstellen in NodeJS programmiert und eine Docker Umgebung für die Datenbank und Virtualisierungssoftware bereitge-stellt.

Durch die Auswertung der erhobenen Messwerte konnte vor allem die Relevanz der Fresnelzone in Kombination zum Terrain bestätigt werden. Zusätzlich entstand eine interaktive Karte mit allen gesessenen Werten und deren Positionen. Es ent-steht ein Gefühl für die Reichweite des Gateways, da Funklöcher und -abbrüche einen starken Kontrast ergeben und somit schnell zu identifizieren sind. Die Mess-ergebnisse unterschieden sich hierbei stark von denen durch den TTNMapper.

Aktuelles

Wir betreiben weiterhin verschiedene Gateways im Ruhrgebiet, haben beim Errichten des Emscher-Lippe Things.Net mitgeholfen und entwickelten bereits unterschiedlichste Lösungen für Smart Citys, Unternehmen oder private Anwendungen. Dabei legen wir inzwischen das Hauptaugenmerk in die Analyse der Datenmengen, dem Aufbereiten und vor allem dem öffentlichen Zugang und der Visualisierung.

Beispiele