Um den Unterricht an weiterführenden Schulen interdisziplinärer zu gestalten, wurde ein neuer Ansatz entwickelt: ein Pflanzenschrank, der als Bausatz von Schüler*innen im Technikunterricht zusammengebaut werden kann. Dieser Schrank ermöglicht es, interdisziplinäre Verbindungen herzustellen. Im Biologieunterricht können Schülerinnen und Schüler verschiedene Pflanzenarten kennenlernen und ihre individuellen Bedürfnisse erforschen, um eine optimale Umgebung zu schaffen. Im Mathematikunterricht können sie dann anhand von beispielsweise Sonnenauf- und -untergangskurven die ideale Licht- und Temperaturbedingungen berechnen und im Informatikunterricht schließlich die Steuerung und Überwachung des Schrankes programmieren. So entsteht ein ganzheitlicher Lernprozess, der die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, ihr Wissen auf praktische Weise anzuwenden und verschiedene Fachbereiche miteinander zu verknüpfen.

Doch erst mal ein paar Jahre zurück ...

Wie alles begann

Wir lieben Wasserkühlungen aller Art ... So viel muss gesagt sein, um zu verstehen, wieso wir das in der ersten Version so gebaut haben.
Wir haben Aluprofile zugesägt, die Enden verschweißt und Schlauchanschlüsse angeschraubt, um dann günstige China-LEDs in verschiedenen Farben anzuschrauben, welche mit Wechselstrom betrieben wurden. Daran eine Umwälzpumpe und zwei Kühlkörper, welche aktiv belüftet wurden und das ganze schwere Ding in einen großen Schrank aus Aluprofilen. Die Pflanzen wachsen in einer Deep Water Culture (DWC) in zwei Mörtelkästen.

Auf dem obersten Bild ist gut zu erkennen, dass wir verschiedene LEDs für unterschiedliche Spektren verbaut haben. Dadurch können wir die verschiedenen Lichtspektren variabel miteinander mischen. So kann die blaue & rote Stunde, oder auch Jahreszeiten simuliert werden. Ultraviolettes Licht (UV) und tiefrotes Licht (FR) beeinflussen Pflanzen unterschiedlich. So ist der UV-Anteil im direkten Sonnenlicht recht hoch, wodurch die Pflanze davon ausgeht, in der prallen Sonne zu stehen, weshalb sie vmtl. wenig weiter in die Höhe wachsen würde. Anders bei Far Red (FR), was vor allem in Wäldern und unter Blattdächern überproportional vorhanden ist. Entsprechend schießt die Pflanze in die Höhe, um mehr Licht zu bekommen. Wie viel Intensität dabei UV oder FR haben muss, ist bisher unklar. Weitere Fragen sind der Einfluss von andersfarbigem Licht oder auch dessen Intensität oder Zeiten. Generell bedarf es in diesem Bereich an mehr Forschung. Unser Pflanzenschrank soll eine gute Lernumgebung schaffen.

Version 1 (AC LEDs, BJ 2020)

Hier sehen wir die Verteilung der verschiedenen LED-Chips bei Vollast im Pflanzenschrank, Version 1.

Noch mal von vorne ...

Make, Fail, Make, Fail, Make.
Die erste Version lief etwa 2 Jahre im Dauereinsatz. 2022 verabschieden sich die ersten LEDs und wir hatten unser erstes Leck im Wasserkreislauf. Generell wird das ganze System recht heiß, was auf den schlechten Wirkungsgrad der günstigen AC-LEDs zurückzuführen ist. Dadurch, dass die Sinuskurve des Wechselstroms einfach "hochgeklappt" wird, flackerten die LEDs in der ersten Version auf 50 Hz, was das Fotografieren mit dem Smartphone nahezu unmöglich macht.
Also let's do it again!

Iteratives Prototyping

Nach der Absprache mit verschiedenen Lehrenden aus Gelsenkirchen wurde uns klar, dass ein solcher Schrank etwas kleiner, oder besser noch modular sein sollte. Schnell entwarfen wir die nächste Version. Aus Holz. Einen Prototyp aus 3 mm MDF und nach zwei, drei Anpassungen, ab auf die große CNC.
Das schöne: Holz kann nachhaltig sein & durch die leicht konische Form sind die Schränke stapelbar.

Version 2 (~2022)

Im nächsten Schritt entwarfen wir eine neue LED. Dieses Mal richtig. Also als erstes verschiedene SMD LEDs bestellen, kleine Test-PCBs entwickeln, verlöten und mit einem Messgerät einmessen. Das ganze für alle Spektren, die wir uns wünschen und danach die Verteilung, bzw. die Anzahl der LEDs bestimmen.

Und danach ein großes PCB entwerfen, wo alles Platz findet:

Damit die LED möglichst lange betriebsfähig bleibt, haben wir eigene LED-Treiber entwickelt, welche ebenfalls als Komponente auf das große PCB gelötet werden. Dadurch konnten wir die maximalen Ströme je nach LED-Typ fest in Hardware gießen, sodass auch bei falscher Programmierung keine LEDs überstromt werden können. Schüler*innen dürfen sich also frei ausprobieren und können aus Versehen nichts zerstören :)
Des Weiteren haben wir etliche Sensoren wie z.B. für Temperatur, Wärmebild, Feuchtigkeit, Luftdruck uvm. verbaut, um die Umgebung überwachen zu können.

Die gebaute LED könnte theoretisch bis 600 W Leistung abgeben, wurde aber durch uns auf 140 W begrenzt, da dadurch eine passive Kühlung vollkommen ausreicht, die LEDs kaum warm werden und dementsprechend "ewig" halten.

Jetzt sind 140 Watt für den recht kleinen Holzschrank etwas übertrieben. Vor allem der Abstand der obersten Blätter zur LED sollte min. 15 cm betragen, was die effektiv nutzbare Fläche des Pflanzenschranks Version 2 stark einschränkt und dadurch nur noch flache Pflanzen möglich wären. Es musste also auch ein neuer Schrank her. Am besten einer, der modular ist, sehr gut verfügbar und einfach aufzubauen ist. Die Idee der Gemüsekiste als Pflanzenschrank ist geboren!

Oben: eine flache Kiste für die LED mit Auslass nach unten
Mitte: eine oder mehrere Kisten ohne Boden, um die Höhe zu erreichen
Unten: eine Kiste mit Blähtonkugeln als Substrat für die Pflanzen
Keller: ganz zuletzt befindet sich der Wassertank

Version 3

Hier wurde Version 3 ordentlich hoch. Wir hatten im Frühjahr unsere Tomaten darin hochgezogen und einfach Kisten in der Höhe ergänzt, wenn die Pflanzen zu groß wurden. Praktisch! Das ganze steht auf zwei leere Kisten, um auf Arbeitshöhe zu gelangen.

Und wie geht jetzt Licht an?

Über die Steuerung haben wir uns viele Gedanken gemacht. Direkt in den Code implementieren? Oder ein Server/Client System? Oder, oder, oder..
Um das ganze so einfach und skalierbar wie möglich zu halten, entschieden wir uns für zwei Steuerungseinheiten. Es gibt die Möglichkeit die LED über nur ein Flachbandkabel mit einem Raspberry Pi zu verbinden, oder alternativ das Verbinden eines ESP32.
Solltet ihr also einen einzigen Schrank betreiben wollen, könntet ihr direkt auf dem Raspberry Pi z.B. Node-RED installieren und damit die LEDs steuern. Habt ihr bereits eine Haussteuerung (wie z.B. Homeassistant), oder möchtet direkt mehrere Schränke steuern, so können alle Schränke mit ESP32 ausgestattet werden und zentral über eine Stelle synchronisiert angesteuert werden. Das gesamte PCB ist ESPhome kompatibel.

Diese Ansicht ist innerhalb Homeassistant und steuert über MQTT den ESP32 mittels ESPhome. Es können Zeitsteuerungen programmiert werden und der Schrank funktioniert vollkommen autark.

Und jetzt?

Gute Frage. Wir würden gerne in Serie gehen, bzw. erste Schränke an Schulen verleihen, um Feedback zu bekommen. Leider hängt der Industrie Covid-19 immer noch nach, weshalb wir leider nicht an die Komponenten kommen. Wir halten die Augen auf und hoffen bald eine Kleinserie starten zu können :)

Open Source & Nachbauen?

Klar! Ihr habt Interesse für euch privat das Teil zu bauen? Kommt vorbei, PCBs haben wir noch.
Ihr seid ein Unternehmen und hättet Interesse für uns die Serie zu übernehmen? Kontaktiert uns sehr gerne! Wir finden eine faire Lizenz - denn Hauptsache das Teil steht in den Schulen!

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